ein Projekt der Stadt Bielefeld

Es ist kompliziert …
aber wir arbeiten daran


Wahrscheinlich haben Sie sich schon mal gefragt, warum die Gestaltung einer Fahrradstraße so lange dauert. Schließlich geht es „nur“ um eine Strecke von 1,8 Kilometern. Neben baulichen Gegebenheiten, die die Strecke Rohrteichstraße – Ehlentruper Weg mit sich bringt, gibt es eine Vielzahl an rechtlichen Vorgaben und nicht zuletzt die Straßenverkehrsordnung, die es zu berĂźcksichtigen gilt. 

Eines vorab: Wir können leider nicht so planen, wie wir es vielleicht gerne möchten, denn der Straßenraum ist begrenzt. Und wir müssen beispielsweise Mindestbreiten für die Fahrbahn und für Fußwege berücksichtigen. An manchen Stellen ist für eine Verbreiterung schlicht kein Platz. Und: Das Thema „Sicherheit“ Die steht bei uns ganz oben auf der Agenda.

Unsere Projekt-Gruppe besteht aus sechs Personen, die aus unterschiedlichen fachbezogenen Teams stammen und das Projektteam bilden. Das sind Verkehrsplaner*innen mit unterschiedlichen Schwerpunkten (Verkehrswegeplanung, Lichtsignalanlagen (Ampeln), Verkehrsmodellierung), Stadtplaner*innen und Mitarbeitende der StraßenverkehrsbehĂśrde. Bei Bedarf kommen weitere Kolleg*innen aus unterschiedlichen Bereichen dazu. 

„Operative Verkehrsplanung“ 

Das Team „Operative Verkehrsplanung“ ist für die Grundlagenermittlung und die Zusammenstellung der Rahmenbedingungen zuständig. Für die Fahrradstraße brauchen wir folgende Informationen:

  • Unfalldaten
  • Schulwege
  • Verkehrserhebungen (Das betrifft die fließenden Verkehre – aufgeteilt nach verschiedenen Verkehrsarten – und den ruhenden Verkehr, also das Parken.)
  • Vermessungen der Straße
  • Relevanz verschiedener Konzepte fĂźr die Straße (Radverkehrskonzept, Konzept fĂźr den motorisierten Individualverkehr, Fußverkehrsstrategie, Nahverkehrsplan)

Eine große Herausforderung stellt das Zusammenführen und das Abwägen der unterschiedlichen Belange dar:

Die verschiedenen Verkehrsarten (Radverkehr, Fußverkehr, motorisierter Individualverkehr, also Autos, ÖPNV) stellen unterschiedliche Anforderungen an die Planungen. Und die Interessen von Anwohner*innen, Gewerbetreibenden, sonstigen Nutzern der Fahrradstraßenverbindung, aber auch die Vorgaben von Müllabfuhr, Feuerwehr und Rettungsdiensten wollen berücksichtigt werden.

Außerdem muss die planerische Umsetzung unter BerĂźcksichtigung der geltenden technischen Regelwerke erfolgen. Dazu zählen unter anderem: 

  • die Straßenverkehrsordnung (StVO),
  • die Richtlinie fĂźr die Anlage von Stadtstraßen 2006 (RASt 06),
  • die Empfehlung fĂźr die Anlage von Radverkehrsanlagen (ERA),
  • die Empfehlung fĂźr die Anlage von Fußverkehrsanlagen (EFA). 

Leider sind einige Regelwerke im Hinblick auf Fahrradstraßen schon veraltet. Deshalb berücksichtigen wir bei den Überlegungen zur Gestaltung der Fahrradstraße wissenschaftliche Arbeiten, um hierbei auf dem aktuellen Stand zu sein. Auch die Stadt Bielefeld hat einen eigenen Gestaltungsstandard entwickelt, der bei der Planung dieser Fahrradstraße zum ersten Mal Anwendung findet.

Das Team „Operative Verkehrsplanung“ erarbeitet die Pläne zu einer möglichen Verkehrsführung. Die Pläne umfassen zudem die Planungen zur Gestaltung des Verkehrsraums: Dazu gehören folgende Fragestellungen:

  • Wo soll die Fahrbahn verlaufen?
  • Wie sind die Übergangsbereiche (Knotenpunkte, EinmĂźndungen) verkehrssicher und regelwerkskonform zu gestalten?
  • Wo sind Sichtfelder freizuhalten?
  • Wo sollen FahrradabstellmĂśglichkeiten eingerichtet werden?
  • Wo sind Liefer- und Ladezonen anzuordnen?
  • Wo ist Platz fĂźr Parkplätze?
  • Wo ist Platz fĂźr GrĂźnflächen oder Bepflanzungen?

Über diese Planungen wird in den politischen Gremien diskutiert und entsprechende BeschlĂźsse gefasst. Mit deren Umsetzung wird das Projekt-Team beauftragt. 

„Verkehrslenkung und Straßenausstattung“

Das Team „Verkehrslenkung und Straßenausstattung“ ist derzeit mit der Planung der Ampelanlagen an der Querung Niederwall sowie an den Kreuzungen August-Bebel-Straße/Rohrteichstraße und Prießallee/Ehlentruper Weg befasst. Neben der Planung der Standorte fĂźr die Ampelmasten und Ausstattung mit Einrichtungen zur Detektion von Radfahrenden gehĂśrt auch die Berechnung von Umlaufzeiten – wer hat wie lange grĂźn bzw. rot – zu unseren Aufgaben. Hierbei sind verschiedene Belange zu berĂźcksichtigen. Zu lange GrĂźnzeiten fĂźr die eine Richtung bedeutet lange Wartezeiten fĂźr die anderen Richtungen. Hier gilt es die Anforderungen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer abzuwägen und mit den technischen Regelungen in Einklang zu bringen. 

In diesem Team sind auch die Kolleg*innen fĂźr die Straßenausstattung, also fĂźr Beschilderung und Markierung, vertreten. Das Team Ăźbernimmt auch die Funktion des Straßenbaulastträgers, ist damit quasi „EigentĂźmer“ der Straße. Als Straßenbaulast bezeichnet man sämtliche mit dem Bau, der Unterhaltung und dem Betrieb von Straßen und Wegen zusammenhängenden Aufgaben und Pflichten. 

„Strategische Mobilitätsplanung und ÖPNV“

Das Team „Strategische Mobilitätsplanung und ÖPNV“ beschäftigt sich mit der Erstellung von Strategien und Konzepten u. a. zu den Themen Radverkehr, Parkraummanagement, Schulmobilität sowie Fußverkehr. Zusätzlich zu diesen Themenbereichen erfolgt die inhaltliche Abstimmung zum Projekt im Team auch zum Auto- und Fußverkehr, zu Sharing-Angeboten (E-Scooter, Carsharing) sowie zum ÖPNV. Die Kollegen des Radverkehrs haben mit dem Radverkehrskonzept und dem Umsetzungskonzept zum Radverkehrskonzept die Grundlagen für dieses und viele weitere Projekte zur Förderung des Radverkehrs erarbeitet. Das Autoparken ist in der Öffentlichkeit heiß diskutiert, auch im Rahmen der aktuellen Erstellung eines Parkraumkonzepts.

Im Projekt berücksichtigt werden auch die Planungen, die den fließenden Verkehr (Verkehrslenkung, Verkehrsmodell) betreffen. Die Auswirkung der Änderungen der

VerkehrsfĂźhrung kĂśnnen im Verkehrsmodell (ein digitales, makroskopisches Infrastrukturmodell) abgeschätzt werden. Das Verkehrsmodell liefert erste Hinweise zu den Verkehrsverlagerungen, die eine geänderte VerkehrsfĂźhrung (zum Beispiel durch eine Einbahnstraßenregelung) bewirken kĂśnnte. Exakte kleinteilige Änderungen der VerkehrsstrĂśme auf einzelnen Straßen kĂśnnen damit nicht nachgewiesen werden. Diese Daten wollen wir mit den Verkehrsversuchen erheben. 

„Verkehrssicherheit und -regelungen“

Im Rahmen der Mobilitätsstrategie 2030 hat sich die Stadt Bielefeld zur Entwicklung einer nachhaltigen und fĂźr alle Verkehrsteilnehmenden gleichberechtigten Mobilität verpflichtet. An diesem Ziel arbeitet das Team „Verkehrssicherheit und -regelungen“ aktiv mit. Beabsichtigte Veränderungen im Straßenverkehr, wie z. B. die Einrichtung einer Fahrradstraße werden von dem Team Verkehrssicherheit und –regelungen rechtlich geprĂźft. Die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken kĂśnnen aus GrĂźnden der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränkt oder verboten werden oder der Verkehr umgeleitet werden. Unter BerĂźcksichtigung des obersten Ziels der Verkehrssicherheit wird mit der Beteiligung des Straßenbaulastträgers, der quasi der EigentĂźmer der Straße ist, und der Polizei eine Entscheidung herbeigefĂźhrt. 

Das Team „Verkehrssicherheit und -regelungen“ nimmt die Aufgaben der StraßenverkehrsbehĂśrde wahr. Dieses umfassen unter anderem die Entscheidung von verkehrsregelnden Maßnahmen nach der Straßenverkehrsordnung (z. B. die verkehrsrechtliche Anordnung von Spielstraßen als verkehrsberuhigter Bereich, Fahrradstraßen oder eines absoluten Halteverbots) sowie die DurchfĂźhrung der Unfallkommission und Verkehrsschau. 

Kommunikation ist alles

Hier deutet es sich bereits an: Viele Überlegungen und Planungen laufen parallel bzw. mĂźssen untereinander abgestimmt und koordiniert werden. Alle 14 Tage tauschen wir uns regelmäßig aus, um das Vorwärtsschreiten des Projekts abzugleichen. Zwischenzeitlich sprechen die verschiedenen Teams miteinander und mit vielen anderen Beteiligten. Aufgabe der Projektleitung ist es, die Aufgaben aller Projektbeteiligten zu koordinieren. Sie ist Ansprechpartnerin fĂźr das Team, aber auch fĂźr extern Beteiligte wie MĂźllabfuhr, Feuerwehr, Krankenhaus, Radentscheid sowie fĂźr die Politik und die Öffentlichkeit. Sie organisiert die verschiedenen Formate der BĂźrgerbeteiligungen und steht bei allen Fragen Rede und Antwort. Ferner koordiniert sie die testweise Erprobung der VerkehrsfĂźhrung. Denn die genaue VerkehrsfĂźhrung soll durch zwei Testphasen (Einbahnstraßenregelungen und Diagonalsperren) erprobt werden. Begleitend werden Verkehrserhebungen durchgefĂźhrt. Die werden im Nachgang ausgewertet, eine weitere Beschlussvorlage erstellt und am Ende entscheiden die demokratisch gewählten politischen Vertreter, wie die Gestaltung der Fahrradstraße umgesetzt wird. Ein langer Prozess, der viel Kompromissfähigkeit aller erfordert. 

Klingt langwierig und kompliziert, ist es auch. Und deshalb ist eine Fahrradstraße auch nicht von jetzt auf gleich gestaltet. 

Kommentare

  1. Christoph Menne sagt:

    Ich hoffe, es dauert noch sehr viel länger und genieße bis dahin jeden Tag, an dem sich hier noch halbwegs stressfrei mit dem PKW leben und bezahlbar parken lässt. Danach bleibt mittelfristig nur noch der Umzug in das Umland als mögliche Option, sich aus dem Dunstkreis des ideologischen Schaulaufens nachhaltig zu entfernen. Danke für nichts.

Einen Kommentar verfassen

Ihre E-Mail Adresse wird nicht verĂśffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert

Ansprechpartner:innen Projektleitung

Amt für Verkehr | 660.2
Abteilung Mobilitätsplanung

Technisches Rathaus
August-Bebel-Str. 92, 33602 Bielefeld

info@fahrradstrasse-bi.de

Dr. Nora Anna Niebel
Projektleiterin

   0521 51-8223
   Nora.Niebel@bielefeld.de

Top