Friseur-Salon Marschall
Seit 33 Jahren betreibt Sigrid Marschall mit viel Herzblut ihren Friseur-Salon am Ehlentruper Weg 94. Viele ihrer Kunden und Kundinnen kommen seit Jahrzehnten zu ihr. Bei ihrer älteren Kundschaft macht sie Hausbesuche oder holt diejenigen, die nicht mehr so gut zu FuĂ sind, von zu Hause ab. Wir haben mit ihr Ăźber die geplante FahrradstraĂe gesprochen.
Frau Marschall, was bereitet Ihnen Sorge?
Bielefeld als Stadt grundsätzlich fahrradfreundlicher zu machen, ist definitiv erstrebenswert. Langfristig vom Auto auf alternative TransportmĂśglichkeiten umzusteigen, ist ein Muss. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Einrichtung einer FahrradstraĂe nicht richtig zu Ende gedacht wurde. Gerade die ältere Kundschaft ist darauf angewiesen, mit dem Auto bis direkt vor die TĂźr des Friseursalon gebracht zu werden. Hier gibt es drei Szenarien: meine Mitarbeiterinnen holen unsere Kunden ab, Familienmitglieder bringen die älteren Kund*Innen zum Geschäft, oder, was in den seltensten Fällen geschieht, es wird ein Taxi genutzt. Hier haben wir also eine Bring- und Abholsituation, die zumindest eine HaltemĂśglichkeit erfordert. Ich habe einen groĂen Kundenstamm, fĂźr den ich unglaublich dankbar bin. Und der kommt nicht nur vom Ehlentruper Weg oder aus Bielefeld, sondern zum Teil aus der weiteren Umgebung wie Oerlinghausen, Halle oder Werther. Diese Kunden haben keine andere MĂśglichkeit, als mit dem Auto zu uns zu kommen. Wenn die Parkplätze in der näheren Umgebung wegfallen, fĂźrchte ich wirtschaftliche EinbuĂen. Und das ist besonders jetzt nach der schweren Corona-Zeit sehr bitter. Zwei Jahre waren wir als Friseurbranche, wie viele andere, von den Konsequenzen der Corona-Pandemie betroffen. Zwei Jahre mit Einschränkungen und Bangen, ob die Existenz, die man sich lange aufgebaut hat, weiter bestehen wird. Nun gibt es keine staatlichen Einschränkungen mehr, und jetzt will die Stadt durch die Begrenzungen der Erreichbarkeit meines Betriebes neue Einschränkungen schaffen.
Sie sagten, die Einrichtung einer FahrradstraĂe sei nicht zu Ende gedacht worden âŚ
Ganz genau. Wenn Parkraum wegfällt, muss der ĂPNV zeitgleich besser werden. Aber es fehlen durch und durch Verbindungen mit Ăśffentlichen Verkehrsmitteln. Der Bus, der dieselben Routen wie ein Auto nimmt, ist hier keine sinnvolle Alternative, da Busfahrten viel zu lange dauern. Wenn es eine vernĂźnftige Infrastruktur mit S-Bahnen und ZĂźgen auch in entfernten Stadtteile gäbe, wĂźrden mit Sicherheit viele Menschen das Auto stehen lassen. Nicht nur meine Kunden und Mitarbeiter sind von den Einschränkungen der ParkmĂśglichkeiten am Ehlentruper Weg betroffen. Die Anwohner mĂźssen schlieĂlich auch ihre Fahrzeuge irgendwo platzieren. Wo ist hier die LĂśsung? Das Auto ist in Bielefeld leider ein Muss. Man erreicht seine Arbeitsstätte, sobald sie etwas auĂerhalb ist, bedauerlicherweise nicht ohne ein Auto. Wenn man weniger Fahrzeuge in der Stadt mĂśchte, sollte man doch eher bei dem Grundproblem einer fehlenden Infrastruktur beginnen und hierfĂźr eine langfristig sinnvolle LĂśsung zu finden, wie Menschen von A nach B kommen. Durch die FahrradstraĂe wird das Problem des Durchgangsverkehrs lediglich verlagert.
Inwiefern?
Der Ehlentruper Weg ist, soweit ich mich erinnern kann, eine FahrradstraĂe, zumindest zwischen PrieĂallee und Teutoburger StraĂe. Autos kĂśnnen nur sehr langsam hindurch fahren und das ist auch jedem bewusst, der mit dem Auto diese Route fährt. Wenn keine Autos mehr durch den Ehlentruper Weg fahren kĂśnnen, werden die Alternativrouten Detmolder StraĂe und OelmĂźhlenstraĂe genutzt, wo es sich dann wiederum mehr staut. Das Fahrrad ist fĂźr alle, die nah zu ihrer Arbeitsstätte wohnen, sicherlich eine gute Alternative zum Auto. Ich mĂśchte betonen, dass der Ausbau der Fahrradwege wichtig ist. Aber hier ist ein Ausbau der Fahrradwege in der ganzen Stadt notwendig und nicht nur am Ehlentruper Weg. AuĂerdem sind die Autos der Anwohner nun mal da. Wenn alle dann in anderen StraĂen, weiter weg von ihrem Wohnort parken mĂźssen, um dann noch 10 Minuten nach Hause zu laufen, verlagert sich die AutofĂźlle doch nur auf andere Gebiete. Wo ist hier der Sinn? Es muss doch mĂśglich sein, gemeinsam Kompromisse zu finden. Ich kann meinen fĂźnf Mitarbeiterinnn, vier davon kommen mit dem Auto, nicht zumuten, irgendwo kostenpflichtig den ganzen Tag zu parken. Da fände ich es gerechter, wenn zum Beispiel ein so groĂes Unternehmen wie das Klinikum Mitte seinen Mitarbeitenden Parkplätze zur VerfĂźgung stellen wĂźrde. Viele parken nämlich in den SeitenstraĂen rund um das Krankenhaus.